Zahnprophylaxe bei Haustieren

26.02.2009 12:38

 

Während in der Humanmedizin steigende Tendenzen zur routinemäßigen Zahnreinigung und Zahnprophylaxe zu finden sind, wird dieses Thema bei Haus- und Zootieren erschreckend vernachlässigt.

Da viele Tiere auch bei ausgeprägtem Zahnsteinbefall mit Folgeerkrankungen wie Gingivitis (Entzündung des Zahnfleisches) und Parodontitis (Entzündung des Zahnhalteapparates) häufig noch normal Futter aufnehmen, zeigen sich schwere Störungen erst in der Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Dabei wird die Bedeutung von Erkrankungen in der Mundhöhle häufig unterschätzt.

Zahnstein ist nicht lediglich ein kosmetisches Problem, sondern führt im Verlauf zu lokalen Entzündungen in der Maulschleimhaut, zur Verschlechterung des Zahnstatus bis zum Zahnverlust und zu systemischen (den ganzen Organismus betreffenden) Folgeerscheinungen. Chronische Entzündungsherde, wie z. B. durch Zahnstein und Zahnfleischentzündung, wirken sich nachhaltig und negativ auf das Herz-Kreislauf-System, auf den Magen-Darm-Trakt, auf das hormonelle System, Muskulatur und Nerven aus.

Chronische Schmerzzustände können zu Automutilationen (Selbstverstümmelung) und schweren Allgemeinerkrankungen führen.

 

Auf diesem Bild aus meiner Praxis gut zu erkennen, der schmierige, gelbe Belag auf den Zähnen, der Zahnstein am Übergang zum Zahnfleisch und das gerötete, aufgequollene, entzündete Zahnfleisch selbst..... Soweit sollte man es gar nicht erst kommen lassen....

 

Da bereits bei Haustieren die Compliance (Bereitschaft zur Mitarbeit) der Patienten in Sachen Zahnprophylaxe (gründliche Reinigung der Zähne, Entfernung von Zahnstein und Reinigung der Zahnfleischtaschen)  ausgesprochen gering ist, reagieren viele Tierhalter erst, wenn der Schaden schon entstanden ist: Es hat sich bereits Zahnstein in großen Mengen gebildet, in den Zahntaschen haben sich Eiterherde entwickelt, das Zahnfleisch ist massiv entzündet, Zahnwurzeln liegen frei. Ein hochgradig schmerzhafter Zustand, der sogar den Verlust von Zähnen oder Schäden am Kieferknochen verursachen kann.

Außerdem können die entstandenen Bakterienbesiedlungen über lymphogenen (Lymphbahnen) oder hämatogenen (über die Blutbahn) Weg streuen und so in anderen Organen zu Folgeerkrankungen (Entzündung des Herzmuskels oder der Herzklappen als Beispiel) oder durch Belecken von Wunden dort zu schweren Infektionen führen.

 

Ganz abgesehen davon, dass kein Tierhalter seinem Tier so etwas zumuten will, werden solche Folgeerkrankungen in der Behandlung meist auch sehr aufwändig und dementsprechend teuer.

 

Erschreckenderweise haben bereits ca. 80% aller Hunde und Katzen ab einem Alter von gerade mal drei Jahren Probleme mit ihren Zähnen!

 

Wie können nun Hunde- und Katzenhalter vorbeugen?

 

Am genialsten ist es, wenn der Hundehalter bereits beim Welpen anfangen kann, sich um die Gesunderhaltung der Zähne zu kümmern. Welpen sind noch leicht zu beeindrucken und die Sache mit Hänschen und Hans stimmt auch hier. Wenn ich meinem Welpen schon die Milchzähnchen mit einer kleinen Zahnbürste und einer Spezial-Zahnpasta mit Geflügelgeschmack putze und das ein Hundeleben lang so weiter mache, ist schon viel gewonnen. Diese Zahnpasta und Zahnbürsten gibt`s beim Tierarzt. Das Zahn-Putz-Training ist gar nicht so schwer, wie viele sich das vorstellen. Anfangs gewöhnt man den Hund daran, sich das Maul öffnen zu lassen, dann massiert man mit einem Finger vorsichtig das Zahnfleisch und dann kommt auch schon die – offensichtlich wirklich leckere Zahnpasta – ins Spiel. Vorsichtig die Außenseiten der großen Fangzähne geputzt und dann nach und nach das Ganze steigern, wobei man bei kleinen Rassen innen schlecht dran kommt, da arbeitet aber die Hundezunge schon ein wenig an der Reinigung. Auch bereits erwachsene Hunde können das noch lernen, zahlreiche Patienten aus meiner Tierheil- und Tierphysiotherapie-Praxis haben es bewiesen.

Katzenhalter können es zumindest versuchen, wenn sie sehr umgängliche Katzen haben... 

 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, genau wie beim Menschen, die richtige Ernährung. Hunde und Katzen sollten nun mal keine Süßigkeiten fressen, auch fehlt bei ausschließlicher Fütterung von Dosenfutter die rein mechanische Reinigung. Also auch Dosenfutter-Hunden und –katzen regelmäßig Trockenfutter anbieten.

 

Es gibt spezielle Zahn-Kau-Knochen im Supermarkt und Fachhandel zu kaufen – ich schreib jetzt hier mal ganz leise: die taugen nichts. Wie soll etwas funktionieren, das nach einmal Draufbeißen innerhalb von 2 Sekunden abgeschluckt ist. Selbst, wenn da Enzyme zur Zahnreinigung drin sind (ja, die gibt es), aus dem Magen heraus wirken die nicht und weiter oben waren sie nicht lange genug…..

Viel besser sind da die guten, alten Schwarzwälder Hundekuchen, die in erster Linie aus Weizen gemacht sind und so oft gebacken wurden, dass sie steinhart sind. Ich habe einmal auf einer längeren Autofahrt an einem geknabbert, weil ich Hunger hatte (die Dinger sind ohne Fleisch) und habe für einen ungefähr 20 Minuten gebraucht…. Die funktionieren - regelmäßig angewendet - einfach durch pure Mechanik...

 

Auch ganz normale Kaustangen aus Büffelhaut haben einen guten mechanischen Reinigungseffekt.

 

Ich gebe zu, Katzenhalter haben es schwerer bis unmöglich, aber vielleicht schaffen Sie es ja mit List und Tücke, spezielle Zahnpflege-Trockenfutter (deren besondere Konsitenz und besondere Form mechanisch mithelfen) an die Katze zu bringen. Es lohnt sich auf jeden Fall.

 

Dann sollte man unbedingt auch schon in jungen Jahren beim Impfen auch ins Hunde- oder Katzenmaul sehen lassen und frühzeitig eine Zahnreinigung durchführen lassen.

Sollte wegen eines anderen Eingriffs (außer große OP`s oder Notfälle) eine Narkose nötig sein, kann immer auch noch kurz eine Zahnreinigung durchgeführt werden.

 

Problematisch wird es, wenn Hunde und Katzen älter werden und bereits die ein oder andere größere Erkrankung haben, dann steigt nämlich das Narkose-Risiko an. Deshalb sollte man auf jeden Fall „mittelalte“ Hunde und Katzen zur gründlichen Zahnsäuberung vorstellen, damit erst mal für eine Weile „die Luft rein“ ist. Umso wichtiger ist die Prophylaxe schon in jungen Jahren.

 

„Schuld“ an meinem Interesse für Zahnprophylaxe  beim Hund war „Maree“, eine schon betagte Golden-Retriever-Dame, die vom Allgemeinzustand her zu schlecht war für eine Narkose, die aber massiven Zahnsteinbefall und deshalb hochgradige Entzündungen am Zahnfleisch hatte. Diese Hündin war mir in erster Linie physiotherapeutisch vorgestellt worden und gleich zu Anfang sprach die Halterin mich auf das Dilemma mit den Zähnen an. Wir übten nach Ende der physiotherapeutischen Behandlungen, insgesamt fünf Mal, das Anfassen des Maules und das Berühren der Zähne und zum Abschluß konnte ich bei Maree ohne Narkose den Zahnstein entfernen und die Zahntaschen gründlichst säubern – der Hund hatte soviel Vertrauen gewinnen können, dass er mich in seinem Maul werkeln liess. Etwa vier Wochen nach der gründlichen Zahnreinigung lebte Marree auch tatsächlich auf – die chronische Entzündung im Maul die auch medikamentös mitbehandelt worden war und vorher den gesamten Organismus belastet hatte, war endlich weg. Mittlerweile konnte ich schon vielen alten Hunden und einer Katze weiterhelfen, die eben zu krank oder zu alt für eine Narkose waren – alle haben es sich gefallen lassen und ich habe sowohl meine Nase noch, als auch meine Finger. Das einzige, was man benötigt in solchen Fällen sind unendlich viel Zeit und Geduld...

 

 Wie bei allen anderen Themen auch, gilt: Bei Fragen zu diesem Thema kontaktieren Sie mich einfach unverbindlich! Die Beratung gehört für uns zum Service!

 

 

 

 

 

 

 

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