HD - Die Hüftgelenksdysplasie des Hundes

21.11.2008 21:26

       

Hüftgelenksdysplasie/HD

 

Die Hüftgelenksdysplasie (Dysplasie = Fehlentwicklung) ist die häufigste Skelettentwicklungsstörung beim Hund. Die HD ist eine multifaktorelle Erkrankung, bei der das Zusammenwirken von Vererbung, Umwelt- und Haltungseinflüssen eine Disposition für die Fehlentwicklung des jungen Hundes darstellt.

 

Betroffen sind Hunde aller Rassen, am häufigsten jedoch Hunde großer Rassen (Schäferhund, Labrador, Rottweiler, Retriever u. a.).

 

Entstehung der HD:

 

Die Hunde werden mit normalen, gesunden Hüftgelenken geboren.

 

Als Primärveränderung wird eine Lockerheit/Instabilität im Hüftgelenk angesehen. Der Kopf des Oberschenkelhalses sitzt zu locker in der Pfanne der Hüfte. Da aber zur gesunden Weiterentwicklung des Skelettes des jungen Hundes ein gleichmäßiger Druck auf die Gelenke nötig ist, entstehen hier nun die ersten Schäden durch die Instabilität: Der Kopf hat keinen festen Sitz im Gelenk, dadurch kommt es zu Abflachungen des Pfannenrandes (normalerweise ist der Gelenkkopf zu 2/3 von der Gelenkpfanne der Hüfte umschlossen!) und zu Schäden am Gelenkkopf. Gelenkkopf und Pfanne passen nicht mehr zueinander, die normale Funktion des Hüftgelenkes geht verloren. Die Statik des Bewegungsapparates ändert sich, wodurch es fehlstellungsbedingt zu weiteren Folgeschäden kommt.

 


Als Ursachen werden diskutiert:

 

  • Erblichkeit
  • Entzündliche Vorgänge im Gelenk
  • Gliedmassenfehlstellungen
  • Fehlbelastungen durch stark abfallende Kruppe
  • Zu viel Bewegung des jungen Hundes auf hartem Boden
  • Hohes Welpengewicht bei maximaler Fütterung
  • Hohe Wachstumsrate bei großen, schweren Rassen (der Hund wächst zu schnell, Überlastung der Strukturen des passiven Bewegungsapparates)
  • Bei schnellwachsenden großen Rassen kann der aktive Bewegungsapparat (Muskeln) nicht mithalten, so dass die Muskulatur den Gelenkkopf nicht in der Pfanne halten kann

 

 

 

Gradeinteilung der HD anhand der im Röntgen sichtbaren Veränderungen:

 

1. Grad
Der Gelenkkopf des Oberschenkels passt nicht mehr zur Gelenkpfanne des Hüftgelenkes

 

2. Grad
Die Gelenkpfanne verflacht; die normale Stellung von Gelenkkopf und Gelenkpfanne zueinander ist nicht mehr vorhanden.

 

3. Grad
Die Gelenkpfanne ist tellerähnlich; der Gelenkkopf des Oberschenkels gleitet aus der Pfanne heraus. Kopf und Pfanne schleifen sich gegenseitig ab. Der Gelenkkopf verkleinert sich.

4. Grad
Gelenkkopf und Gelenkpfanne passen durch die jeweiligen Verformungen überhaupt nicht mehr zueinander; es kommt zu entzündlichen Veränderungen in der Gelenkkapsel mit arthrotischen Veränderungen.

 

 

Die Gradeinteilung der HD ist von eher untergeordneter Bedeutung, da die vom Hund gezeigten Symptome nicht unbedingt dem Schweregrad der im Röntgen sichtbaren Veränderung entsprechen müssen. Bei vielen Hunden ist die HD auch durchaus ein Zufallsbefund, wenn bei Verletzungen oder ähnlichem geröngt wird.

 

Im Zusammenhang mit der HD-Diagnostik tauchen Begriffe wie „Ortolani-Zeichen“ und „Norberg-Winkel“ auf, die beide diagnostische Methoden darstellen, um den Sitz des Oberschenkel-Gelenkkopfes in der Hüftgelenkspfanne zu prüfen.

 

Beim „Ortolani-Test“ wird durch Manipulation am narkotisierten Hund versucht, den Gelenkkopf aus der Pfanne zu verschieben. Wird dann das Bein seitlich nach außen geführt, entsteht bei HD-Hunden ein typisches „Klick“-Geräusch, das durch das Hineingleiten des Gelenkkopfes in die Pfanne verursacht wird. Bei hüftgesunden Hunden kann man dieses Ortolani-Zeichen nicht auslösen, da die gesunde Hüftgelenkspfanne den Gelenkkopf des Oberschenkel so fest umschließt, dass ein Verschieben nicht möglich ist.

 

Der „Norberg-Winkel“ ist eine Messmethode zur Beurteilung des Röntgenbildes, hierbei wird der Sitz des Oberschenkelkopfes in der Hüftgelenkspfanne in Winkelgraden gemessen. Bei einem hüftgesunden Hund beträgt dieser Winkel 105° und mehr. Je kleiner der Winkel auf dem Röntgenbild ist, desto schwerer ist die HD.

 

Symptome:

Die Symptome sind abhängig vom Alter des Hundes.

 

Junghunde (5 – 10 Monate)

 

  • Plötzlich auftretende ein- oder beidseitige Beschwerden der Hinterhand
  • Berührungsempfindlichkeit der Hinterbeine
  • Bewegungsunlust
  • Immer wieder aufflackernde Lahmheit
  • Auffallende Verdickung bestimmter Muskeln an der Innenseite des Oberschenkels, die versuchen, den Gelenkkopf in der Pfanne zu halten
  • Schwierigkeiten beim Aufstehen, Gehen, Rennen, Treppensteigen

 

Hier überwiegt die Schmerzhaftigkeit, die durch die Reizung der Knochenhaut entsteht.

 

Ältere Hunde (ab 1 Jahr):

 

  • Schmerzen beim Aufstehen
  • Kraftlosigkeit der Hinterhand
  • Bewegungsunlust
  • Schmerzen bei passiver Bewegung des Hüftgelenkes
  • Lahmheit nach Bewegung
  • Verschlimmerung durch Bagatellverletzungen (Rempeln durch anderen Hund, etc.)
  • Verkümmerung der Becken- und Oberschenkelmuskulatur

 

Hier überwiegen die Schmerzen, die durch fortschreitende Arthrose im Hüftgelenk entstehen.

 

 

Behandlung der HD:

 

Die Behandlung der HD ist abhängig vom Alter des Hundes, den Beschwerden und den im Röntgen nachgewiesenen Veränderungen.

 

Ziel der Behandlung:

1. Schmerzlinderung
2. Verzögerung des Fortschreitens von arthrotischen Veränderungen
3. Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit

 

Hierzu stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:

 

  • Medikamentöse Therapie mit schmerz- und entzündungshemmenden Medikamenten in einer an den jeweiligen Hund angepassten Dosierung
  • Verschiedene operative Techniken, die die Gelenkmechanik verbessern, indem Fehlstellungen korrigiert werden
  • Operative Versorgung mit einem künstlichen Hüftgelenk
  • Physiotherapeutische Massnahmen zur Schmerzlinderung, Muskelpflege und zum Wiedererlangen einer besseren Gelenkbeweglichkeit (sowohl bei medikamentöser, als auch bei operativer Behandlung)
  • Eine deutliche Gewichtsabnahme vermindert die Belastung der erkrankten Gelenke drastisch, so dass das Fortschreiten der Arthrose verzögert werden kann (Untersuchungen haben ergeben, dass eine eher knappe Fütterung sogar vorbeugend wirken kann!)

 

Operative Methoden sind nicht bei jedem Hund einsetzbar. Lassen Sie sich von Ihrem Tierarzt darüber informieren, welche Behandlungsmöglichkeiten in Frage kommen.

 

Die Behandlungsmöglichkeiten der Tierphysiotherapie bei der HD:

 

  1. Massage
    zur Schmerzlinderung; zur Muskelpflege bei verkrampfter oder verkümmerter Muskulatur, zur Gelenkstabilisierung
     
  2. passive Bewegungsübungen
    zur Wiederherstellung und Erhaltung der Gelenkfunktion
     
  3. spezielle Übungen
    zur Verbesserung der Muskelansteuerung durch die Nerven (bessere Gelenkstabilisierung)
     
  4. Isometrische Übungen
    zum Muskelaufbau der gelenkumgebenden Muskeln
     
  5. Schwimmen
    gelenkschonende Bewegung; Muskelaufbau, Verbesserung der Beweglichkeit
     
  6. aktive Bewegungsübungen
    weiterer Muskelaufbau
     

  

Sonstige Maßnahmen durch den Patientenhalter:

  • Einer der wichtigsten Punkte ist die bereits oben erwähnte Gewichtsreduktion beim Hund
  • Vermeiden Sie übermäßige Bewegungen (Dauerbelastungen, kurzfristige Spitzenbelastungen) wie Springen, Rennen, Toben; Ihr Hund lebt im Hier und Jetzt und kann keine Zusammenhänge zwischen dem jetzigen Toben und dem darauffolgenden Lahmen herstellen. „Bremsen“ Sie Ihren Hund also ein wenig, aber denken Sie dabei auch an die Lebensqualität des Hundes!
  • Gleichmäßige, ruhige Bewegung ist ideal (abhängig vom klinischen Bild des Hundes)
  • Sorgen Sie für einen trockenen, zugfreien, eher warmen Liegeplatz des Hundes
  • Vermeiden Sie Kälte und Durchnässung; bei feucht-kaltem Herbstwetter hält eine Hundedecke (gibt es auch in großen Größen!) die arthrosekranken Gelenke trocken und warm. Kälte und Nässe sind Gift für arthrotische Gelenke!
  • Sorgen Sie zu Hause für einen rutschsicheren Fußboden, da ein Ausrutschen zu weiteren Gelenkschäden führen kann
  • Probieren Sie aus, ob Ihrem Hund Rotlicht gut tut (im Landhandel oder im Sanitätshaus)
  • Fragen Sie Ihren Tierarzt, ob für Ihren Hund gelenkknorpelschützende Futterzusätze angebracht sind

 

 

Haben Sie weitere Fragen zum Thema HD oder Arthrose oder möchten Sie wissen, ob bei Ihrem Hund eine tierphysiotherapeutische Behandlung in Frage kommt?

 

Kontaktieren Sie mich, ich berate Sie gern.

 

 

 

(C) Ch. Homburg, 2002

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